Die Vojta-Methode

Die Vojta-Methode ist eine anerkannte physiotherapeutische, zur Behandlung von Bewegungsstörungen bei Kindern und Erwachsenen genutzte Methode. Diese Technik wird mit Erfolg vor allem in der Neurologie, Traumatologie und Orthopädie genutzt.

Die Vojta-Methode nutzt die Existenz globaler angeborener Bewegungsmuster, die wir als Reflexlokomotion bezeichnen. Diese Muster (Reflexkriechen und Reflexumdrehen) sind bei jedem Menschen in jedem Alter auslösbar und verfügen über dieselben Parameter wie die menschliche Bewegung in der Vertikalen (Fortbewegung).

Bei der Vojta-Therapie lösen wir mithilfe von Auslösungszonen und einer genauen Ausgangslage diese angeborenen Reflexlokomotionsmuster aus. Dank diesem bereichern wir die reduzierte oder blockierte Beweglichkeit des Patienten (wir bieten ihm ideale, ihm fehlende Komponenten menschlicher Fortbewegung an), und dadurch erleichtern wir ihm die Bewegung (Krabbeln, Gehen) sowie die Kommunikation. Die Therapie beeinflusst nicht nur die grobe Motorik (Bewegung des Patienten), sondern auch die Feinmotorik der Hand und den orofazialen Bereich (Gesichts- und Sprechwerkzeugsmuskeln). Nicht zuletzt hat die Reflextherapie auch einen positiven Einfluss auf das vegetative Nervensystem und die Psyche des Patienten.

Die Ziele und die konkrete Durchführungsart der Vojta-Therapie legen wir individuell je nach Zustand und Charakter der Bewegungsstörung sowie Alter des Patienten fest.

Säuglingsalter

Ein gesunder Säugling entwickelt sich ganz spontan. Automatisch benutzt er angeborene Bewegungsmuster (Greifen, Umdrehen, Krabbeln, Stehen und Gehen) in Abhängigkeit von seiner Motivation und dem Reifegrad des zentralen Nervensystems (ZNS).

Im Falle einer ZNS-Schädigung oder Schädigung des Bewegungsapparates kann das Auslösen dieser motorischen Muster blockiert sein. Das Kind bemüht sich trotzdem um Kontakt, Greifen, Vorwärtsbewegung, aber es benutzt ihm zugängliche (nicht ideale) Ersatzbewegungsmuster. Diese nicht idealen Muster fixieren sich mit der Zeit.

Das zentrale Nervensystem eines Säuglings ist unreif und insbesondere in den ersten 2 Lebensjahren formt es sich intensiv. Die Nervenbahnen sind anfangs oft nur blockiert, aber strukturell nicht ganz beschädigt. Durch eine früh begonnene Vojta-Therapie können diese Bahnen gelockert, gebahnt oder neue Verbindungen im ZNS geschaffen werden. Dadurch wird dem Säugling eine normale motorische Entwicklung ermöglicht.

Kindesalter

Ach im weiteren Kindesalter (Vorschul-, Schul-, Jugendalter) kommt es sowohl im ZNS als auch im Bewegungsapparat zu großen funktionellen sowie strukturellen Veränderungen (Wachstumsschübe, hormonelle Veränderungen, Pubertät), die die Qualität motorischer Fähigkeiten oder Fertigkeiten des Kindes beeinflussen können. Die Vojta-Methode beeinflusst auch in diesem Alter die Bewegungskoordination, das Formen und das Wachstum des Bewegungsapparates, das Aufrechterhalten des erreichten Zustandes positiv und mindert die Auswirkungen der Bewegungsstörung auf Knochen und Gelenke.

Erwachsene Patienten

Mithilfe der Aktivierung der Reflexlokomotionsmuster bieten wir erwachsenen Patienten die Rückkehr zu normaler Beweglichkeit (zu ursprünglichen gesunden motorischen Mustern), die sie zum Beispiel infolge einer Verletzung, Erkrankung u. Ä. verloren haben. Bei Erwachsenen ist es das Ziel der Therapie, Schmerzen zu beseitigen, die Leistung zu erneuern oder zu erhöhen und einer sekundären Gewebeschädigung entgegenzuwirken.

Bei der Vojta-Therapie genutzte Reflexlokomotionsmuster

Es handelt sich um angeborene globale Bewegungsmuster, deren Teilelemente identisch mit den Elementen der menschlichen Ontogenese sind. Die Fähigkeit, diese angeborenen Muster aufzurufen, nutzen wir bei der Vojta-Therapie. Therapeutisch bezeichnen wir einzelne Lagen (Muster) als Reflexkriechen, Reflexumdrehen und 1. Position.

Die Muster sind gut zu wählen und anzuwenden, für jeden ganz individuell und gezielt je nach Bewegungsstörung des Patienten. Dem muss eine gründliche kinesiologische Untersuchung vorausgehen, aufgrund derer der Therapeut das Hauptproblem des Patienten festlegt, therapeutisches Vorgehen vorschlägt und die Therapie genau zielt.

Reflexkriechen

Das Reflexkriechen geht von der Bauchlage aus, der Kopf ist leicht zur Seite rotiert. Das Bewegungsmuster rufen wir durch den Druck auf Auslösungszonen, von denen es insgesamt 9 gibt. Vereinfacht kann man sagen, dass man diagonales Stützen auf dem Ellenbogen und der Ferse mit Aufrichtung des Rumpfes erwartet, die restlichen Extremitäten führen Schrittbewegungen aus.

Das Reflexkriechen ist in vielen Variationen mit verschiedenen Kombinationen der Auslösungszonen auslösbar. Der Physiotherapeut wählt so eine Variante, die das motorische Problem des Patienten gezielt beeinflusst und behandelt.

Reflexumdrehen

Das Reflexumdrehen beginnt in der Rückenlage und geht über die Seitenlage bis zum Krabbeln auf allen Vieren. In der Therapie nutzen wir die Rückenlage (1. Phase) oder die Seitenlage (2. - 4. Phase). Die Auslösungszone für das Muster des Reflexumdrehens nennt man die Brustzone, in der Seitenlage werden am häufigsten die Auslösungspunkte am Schulterblatt, am Rumpf und Becken oder an den Beinen benutzt.

Das Reflexumdrehen ist auch in vielen Variationen auslösbar, die es ermöglichen, das motorische Hauptproblem des Patienten gezielt zu behandeln.

1. Position

Die 1. Position beginnt in der Hocke, die Zehen über der Tischkante, der Kopf ist zu einer Seite gedreht. Dieses Muster der Reflexlokomotion ist der Impuls für die Vertikalbewegung. Das Bewegungsmuster ist von 9 Zonen aus auslösbar.

24. Im Kindesalter, insbesondere bei:

  • asymmetrischer Entwicklung und Retardation der motorischen Entwicklung
  • zentralen Koordinationsstörungen (ZKP)
  • infantilen Zerebralparesen (ICP)
  • peripheren Paresen der Arme und Beine (z. B. Plexus-brachialis-Parese, Spina bifida und weitere)
  • verschiedenen Muskelerkrankungen
  • Krümmung und Erkrankung der Wirbelsäule (z. B. Skoliose) und anderen orthopädischen Fehlern
  • angeborenen Entwicklungsstörungen des Bewegungsapparates als helfende Bewegungstherapie orthopädischer Behandlung (Hüftdysplasie, Hüftluxation, Pes equinovarus)
  • Störungen und Erkrankungen im orofazialen Bereich (Probleme beim Kauen, Schlucken)
  • Störungen der Atemfunktionen
Bei Erwachsenen insbesondere bei:

  • vertebragenen Störungen (Bandscheibenvorfall, Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule und Gelenke, Rücken- und Gelenksschmerzen)
  • Verletzungen des Bewegungsapparates
  • Schlaganfällen mit einer Hemiparese oder einer anderen Behinderung
  • ICP
  • multipler Sklerose
  • Rückenmarkläsion
  • peripheren Paresen der Arme und Beine
  • Muskelerkrankungen

Bei Unklarheiten und Fragen zu möglichen Indikationen setzen Sie sich direkt mit unseren Therapeuten in Verbindung.

Vojta-Methode darf nicht angewandt werden:

  • bei akuten Erkrankungen (Entzündungen oder Fieber, bei Fieber über 38°C)
  • bei akutem wässrigem Durchfall und intensivem Erbrechen
  • 2-7 Tage nach einer Impfung (je nach Art der Impfung und der Reaktion darauf)
  • in der Schwangerschaft
  • bei manchen seltenen Erkrankungen (Osteogenesis imperfekta)
  • bei manchen ernsthaften Herz- und Muskelerkrankungen

Bei Unklarheiten und Fragen zu möglichen Kontraindikationen setzen Sie sich mit ihrem Therapeuten in Verbindung.

Profesor MUDr. Václav Vojta

Professor MUDr. Václav Vojta war tschechischer Neurologe, der sich bedeutsam um die Entwicklung von Kinderneurologie verdient machte, vor allem auf dem Gebiet früher Diagnostik motorischer Störungen im Säuglingsalter.

Prof. MUDr. Václav Vojta ist der Entdecker der Grundlagen der Reflexlokomotion. Deren therapeutische Nutzung nennen wir die Vojta-Methode.

Die Vojta-Methode wird mit Erfolg zur Behandlung verschiedener Bewegungsstörungen bei Kindern sowie Erwachsenen, vor allem dann bei der Heilung der infantilen Zerebralparese, genutzt.

Lebenslauf von Prof. Václav Vojta

Prof. MUDr. Václav Vojta wurde am 12.7.1917 in Mokrosuky bei Klatovy geboren. Im Jahr 1947 schloss er das Medizinstudium an der Karlsuniversität in Prag ab. Er spezialisierte sich auf Neurologie und danach auf Kinderneurologie.

Seit 1948 war er Assistent bei Professor K. Henner (akad. Prof. MUDr. Karel Henner – Gründer der tschechischen neurologischen Schule) an der Klinik für Neurologie am Allgemeinen Universitätsklinikum in Prag.

Seit 1954 wirkte er als Konsiliararzt in der ICP-Kinderheilanstalt in Železnice bei Jičín.

Seit 1956 leitete er die Abteilung für Kinderneurologie an der 4. Klinik für Neurologie der medizinischen Fakultät der Karlsuniversität in Prag.

1961 – 1968 war er Oberarzt für Kinderneurologie am Universitätsklinikum auf dem Karlsplatz in Prag.

Er widmete sich intensiv der Entwicklungskinesiologie (den Gesetzmäßigkeiten und Zusammenhängen in der motorischen Entwicklung von Säuglingen und Kindern) und arbeitete systematisch an der Problematik einer rechtzeitigen Erkennung gefährdeter motorischer Entwicklung.

Prof. Václav Vojta entdeckte die Muster der Reflexlokomotion.

In den 1950er-1970er Jahren beobachtete er bei der Behandlung von ICP-Kindern die Anwesenheit bestimmter koordinierter Bewegungsmuster am Rumpf sowie an den Gliedmaßen. Diese Bewegungsmuster entstanden bei gezielter Reizung des Kindes in einer bestimmten Lage, sie traten unbewusst und wiederholt auf. Sie beinhalteten Fragmente der Fortbewegung. Durch wiederholte Aktivierung dieser koordinierten Bewegungsmuster erzielte er bei den ICP-Kindern markante Veränderungen. Primär verbesserten sich deren Sprachfunktionen, später konnten die Kinder sicherer stehen und gehen. Diese Bewegungsmuster bezeichnete Professor Vojta als die sog. Reflexlokomotion (reflexartige, unbewusste Fortbewegung).

Verwendung dieser Reflexmuster bei der Behandlung trat in das Bewusstsein der Öffentlichkeit als Vojta-Methode ein.

1968 emigrierte Prof. Vojta nach Deutschland, nach Köln am Rhein, wo er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Klinik für Orthopädie bei Professor Imhäuser arbeitete. Hier wurde ihm ermöglicht, systematisch an der Entwicklungskinesiologie sowie am eigenen Diagnostiksystem zu arbeiten. Seit 1975 war er Leiter der Rehabilitationsabteilung bei Professor Hellbrügge im Kinderzentrum München. Hier entwickelte er diagnostisches sowie therapeutisches System der Reflexlokomotion weiter und veranstaltete Lehrprogramme für Ärzte und Physiotherapeuten. Im Jahr 1984 gründete er die Vojta-Gesellschaft mit dem Ziel, das Lokomotionsprinzip in der Diagnostik und Therapie nicht nur in Deutschland, sondern auch auf internationalem Niveau durchzusetzen und zu verbreiten. Das Ziel war es ebenfalls, Physiotherapeuten und Ärzte auszubilden. Im Jahr 1995 gründete er die Internationale Vojta-Gesellschaft mit dem Sitz in München und beendete auch seinen aktiven ärztlichen Dienst. Bis an sein Lebensende blieb er jedoch aktiv und beteiligte sich am Unterricht und weiterer Verbreitung der Vojta-Methode. Professor Vojta starb am 12. 9. 2000 in München.

Auszeichnungen von Profesora Dr. Václav Vojta

1974 wurde Prof. Vojta der Heine-Preis, die höchste Auszeichnung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie, verliehen
1979 verlieh ihm die Aktion Sonnenschein die Medaille „Miteinander wachsen“
1983 erhielt er von der Bundesärztekammer den Ernst-v.-Bergmann-Preis für ärztliche Fortbildung
1990 erhielt er vom Berufsverband der Kinderärzte die v. Pfaundler-Medaille für kinderärztliche Fortbildung.
Professor Vojta war Träger des Bundesverdienstkreuzes
Hohe Auszeichnungen wurden ihm in Japan und Südkorea verliehen
1994 ernannte ihn das Collegium Catholicum Medicinae in Soul (Südkorea) zum Honorarprofessor
1996 wurde er habilitiert und zum außerordentlichen Professor für Neurologie und Kinderneurologie an der Medizinischer Fakultät der Karlsuniversität ernannt
2000 erhielt er in Memoriam vom Präsidenten Václav Havel den tschechischen Verdienstorden

Literarische Wirkung von Prof. Václav Vojta

Im Laufe seines Lebens veröffentlichte er mehr als 100 wissenschaftliche Arbeiten.
Sein Buch „Die zerebralen Bewegungsstörungen im Säuglingsalter“ wurde in viele Sprachen übersetzt. Im Jahr 1992 erschien zuerst das Buch Das Vojta-Prinzip, das auch in viele Sprachen übersetzt wurde.

Kontakt